Menschen, die länger als sechs Monate körperlich, geistig oder seelisch zu mindestens 50 Grad beeinträchtigt sind, gelten als schwerbehindert. Sie können beim Versorgungsamt einen Schwerbehindertenausweis beantragen. Im Landkreis Böblingen haben über 28.000 Menschen eine anerkannte Schwerbehinderung, das sind 7,2 Prozent der Bevölkerung. Bei den über 65-Jährigen ist es jede fünfte Person.
Dennoch setzen viele Menschen, die an einer ernsthaften Krankheit wie Krebs leiden, ihren Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis nicht durch. Der Grund: Sie glauben, dass sie gar keinen Anspruch haben, wenn die Aussicht auf eine erfolgreiche Heilung besteht. Doch den Schwerbehindertenausweis gibt es auch vorübergehend. Und Betroffene können von vielen Vorteilen profitieren.
Je nach Art und Grad ihrer Behinderung erhalten sie zum Beispiel Steuerermäßigungen – auch bei der Kfz-Steuer.
Wer das Zeichen „aG“ für „außergewöhnlich gehbehindert“ im Ausweis vermerkt hat, darf mit seiner Begleitperson Behindertenparkplätze nutzen. Hilflose Menschen mit Zeichen „H“ und Sehbehinderte „Bl“ dürfen den Nahverkehr kostenlos nutzen. Sie benötigen eine gültige Wertmarke vom Versorgungsamt, die für sie kostenfrei ist. Gehbehinderte mit Zeichen „G“ und „aG“ müssen für die Nutzung des Nahverkehrs lediglich einen halbjährlichen Eigenanteil für die Wertmarke von 46 Euro entrichten. Der Ausweis kommt auch für Pflegebedürftige infrage, zum Beispiel für Demenzkranke. Schwerbehinderte Menschen sollten sich informieren, ob sie sich mit einem Antrag vom Rundfunkbeitrag befreien lassen oder den Festnetz- und Mobilfunkanschluss ermäßigen können.
Den Schwerbehindertenausweis beantragen Sie beim Versorgungsamt des Landratsamts Böblingen in der Parkstr. 16 in Böblingen. Persönliche Beratung erhalten Sie dort montags bis freitags 9 – 12 Uhr sowie donnerstags 14 – 18 Uhr, Tel. 07031- 663-2467 oder -2648. Wer einen Behindertenausweis beantragt, braucht Geduld: Das Verfahren kann sich über Monate hinziehen. Gabi Wörner, Vorsitzende des Kreisseniorenrates Böblingen gibt dazu einen Tipp: „Sie beschleunigen das Verfahren erheblich, wenn Sie dem Antrag umfassende Arztberichte beifügen mit genauer Beschreibung des Befundes und des Funktionsausfalles oder die bei Ihrem Hausarzt befindlichen Untersuchungsunterlagen (z.B. Facharztbriefe, Krankenhausberichte, Kurschlussgutachten, Röntgenbefunde). Mitgliedern des Sozialverbandes VdK steht darüber hinaus die VdK-Beratungsstelle für Sozialrecht in Sindelfingen zur Verfügung, Tel. 07031-819903-30.
Auch die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung – EUTB – der Lebenshilfen Böblingen (Tel. 07031-775215) und Leonberg (Tel. 07152-5699239) sowie 1A-Zugang (Tel. 0162-7196384) bieten qualifizierte Beratung zur Beantragung einer Schwerbehinderung.
Nachteilsausgleiche gibt es bereits ab einem Grad der Behinderung von 20. Eine interessante Liste sämtlicher Nachteilsausgleiche findet sich auf der Homepage des Versorgungsamts Böblingen.
Wenig bekannt ist: Der Landkreis Böblingen bietet als Freiwilligkeitsleistung einen kostenlosen Fahrdienst für außergewöhnlich Gehbehinderte, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Voraussetzung hierfür ist unter anderem das eingetragene Merkzeichen „aG“ im Schwerbehindertenausweis, dass die Mobilität nicht durch Angehörige oder durch Benutzung eines eigenen Fahrzeuges sichergestellt ist und das Vermögen 60.000 Euro nicht übersteigt. Nähere Informationen finden sich auf der Homepage des Landratsamts Böblingen unter Stichwort „Behindertenfahrdienst“, Tel: 07031-663–1140.
Weitere Informationen zu diesem oder anderen Themen rund um das Thema Pflege geben die Pflegestützpunkt-Standorte in Böblingen, Herrenberg, Leonberg und Sindelfingen, sowie die iav- und Beratungsstellen vor Ort. Die Kontaktdaten und Einzugsgebiete sind unter anderem im „Wegweiser für ältere Menschen und deren Angehörige“ des Landratsamtes Böblingen sowie im Internet unter www.lrabb.de/IAV_Stellen zu finden. Privatversicherte können sich an die Compass Pflegeberatung (Tel.: 0800-101 88 00) wenden.